Kündigung und Kündigungsschutz während der Ausbildung.
Dieser Artikel informiert Sie über das Thema Kündigung und Kündigungsschutz während der Ausbildung. Nach dem Ablauf der Probezeit genießen Auszubildende besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung ist nur dann wegen eines „wichtigen Grundes“ möglich. Der Gesetzgeber möchte nämlich, dass Ausbildungsverhältnisse möglichst lange Bestand haben. Deswegen kann einem Auszubildenden nicht so einfach gekündigt werden, wie einem normalen Arbeitnehmer. Nach § 14 Absatz 1 Nr. 5 Berufsausbildungsgesetz (BBiG) obliegt dem Ausbilder die Pflicht zur charakterlichen Förderung des Auszubildenden. Daraus folgt, dass zudem grundsätzlich immer eine Abmahnung erforderlich ist, bevor ein Auszubildender wegen seines Verhaltens gekündigt werden kann.
Als Anwalt für Kündigung beraten und vertreten wir Auszubildende und Ausbildende bei einer Kündigung des Ausbildungsverhältnisses.
Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann für Sie:
- im Rahmen einer etwaig erforderlichen Anhörung vor dem Ausspruch einer Verdachtskündigung das Ruder übernehmen;
- Rechtssicher und rechtzeitig ein Schlichtungsverfahren bei der dafür zuständigen Stelle einleiten;
- die Kommunikation und Verhandlungsführung mit dem Ausbildenden übernehmen;
- rechtzeitig Kündigungsschutzklage erheben.
1) Wie kommt ein Ausbildungsverhältnis zu Stande?
Ein Ausbildungsverhältnis kommt durch einen Ausbildungsvertrag, mithin durch Angebot und Annahme durch die Parteien zu Stande. In einem Ausbildungsvertrag regeln die Parteien die grundlegenden Rechte und Pflichten. Zusätzlich ergänzt wird der Ausbildungsvertrag durch die gesetzlichen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG).
2) Was sind meine Pflichten in der Ausbildung?
Bevor auf die zulässigen Gründe für eine Kündigung während der Ausbildung eingegangen werden kann, sollte vergegenwärtigt werden, welche Pflichten ein Auszubildender in der Ausbildung hat. Um zu wissen, welche Pflichten verletzt werden können, müssen man sich im Klaren sein, was die Pflichten eines Auszubildenden während der Ausbildung sind.
Ein Ausbildungsverhältnis ist nicht mit einem Arbeitsverhältnis gleichzusetzen. Die Pflicht des Auszubildenden ist es, sich schlicht und ergreifend ausbilden zu lassen. Der Auszubildende hat sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben. Bereits hieraus ergibt sich, dass der Kündigungsschutz für Auszubildende weiter greift als für normale Arbeitnehmer. Denn der Auszubildende muss zunächst nur bemüht sein, das Ausbildungsziel zu erreichen.
Die Pflichten eines Auszubildenden stehen in § 13 BBiG. Daraus ergeben sich die elementaren Pflichten des Auszubildenden.
Aus den Pflichten des Auszubildenden lässt sich sehr schön erkennen, wo Einfallstore für ein etwaige Kündigung während der Ausbildung bestehen. Wer sich aber an diese Pflichten hält, ist als Auszubildender nur sehr schwer kündbar. So wie das Strafgesetzbuch die Magna Charta des Straftäters ist, ist § 13 BBiG die Magna Charta Libertatum des Auszubildenden.
§ 13 Nr. 1 BBiG | Auszubildende sind verpflichtet, die ihnen aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
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§ 13 Nr. 2 BBiG lautet:
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Auszubildende sind verpflichtet, die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten. |
§ 13 Nr. 5 BBiG lautet:
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Auszubildende sind verpflichtet, Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
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§ 13 Nr. 6, 7 BBiG lauten:
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Auszubildende sind verpflichtet, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren und einen schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis zu führen.
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3) Kündigung während der Ausbildung während der Probezeit
Nach § 22 Absatz 1 BBiG ist die Kündigung eines Auszubildenden während der Probezeit der Ausbildung ohne Angaben von Gründen jederzeit möglich. Die Probezeit der Ausbildung muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen, § 20 BBiG. In dieser Zeit besteht kein besonderer Kündigungsschutz gegen eine Kündigung während der Ausbildung.
Dies ist ein Ausgleich dafür, dass dem Ausbilder nach der Probezeit die Kündigung während der Ausbildung nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist. Denn nach Ablauf der Probezeit genießt der Auszubildende besonderen Kündigungsschutz. Da ein Ausbildungsverhältnis auch ein gewisses Vertrauen voraussetzt, hat der Ausbilder während der Probezeit die Möglichkeit, herauszufinden, ob „es passt“. Schließlich geht der Ausbildende aufgrund des besonderen Kündigungsschutzes auch ein erhöhtes Risiko ein.
4) Kündigung während der Ausbildung nach Ablauf der Probezeit
Nach dem Ablauf der Probezeit kann einem Auszubildenden während seiner Ausbildung nur aus „wichtigem Grund“ gekündigt werden (§ 22 Absatz 2 Nr. 1 BBiG). Der besondere Kündigungsschutz des Auszubildenden während der Ausbildung manifestiert sich zusätzlich daran, dass das Berufsbildungsgesetz neben der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund eine ordentliche Kündigung nicht vorsieht. Lediglich ein Aufhebungsvertrag käme neben der Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht.
5) Formelle Voraussetzungen der Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses
Viele Kündigungen während der Ausbildung scheitern bereits an den formellen Voraussetzungen für eine solche Kündigung. Die strengen formellen Anforderungen an eine Kündigung während der Ausbildung sind Ausfluss des besonderen Kündigungsschutzes. Hier liegen insbesondere für Ausbildende viele Fallstricke versteckt.
a) Nachweis der Bevollmächtigung bei Kündigung durch Dritte
Oft erfolgt die Kündigung während der Ausbildung durch einen Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Person.
Eine Kündigung während der Ausbildung kann bereits nach § 174 Satz 1 BGB deshalb unwirksam sein, weil der Kündigung keine Vollmachtsurkunde des Rechtsanwalts oder der bevollmächtigten Person im Original beigefügt ist und der Auszubildende die Kündigung deswegen unverzüglich zurückweist.
Nach § 174 S. 1 BGB ist eine Kündigung, die ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist.
Daraus folgt, dass die Vollmacht bei einer Kündigung während der Ausbildung im Original beigefügt werden muss.
Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber demjenigen, gegenüber dem das einseitige Rechtsgeschäft vorgenommen werden soll, die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat.
b) Besonderheiten bei Minderjährigkeit
Eine Kündigung während der Ausbildung, die gegenüber einem Minderjährigen Auszubildenden erfolgen soll, muss gegenüber seinen gesetzlichen Vertretern, also in der Regel gegenüber den Eltern erfolgen. Nach § 131 Absatz 1 BGB wird die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses erst wirksam, wenn sie einem gesetzlichen Vertreter zugeht.
c) Schriftform und genaue Angabe der Gründe
Der Ausbildende muss konkret darlegen, worauf er seine Kündigung während der Ausbildung stützt. Pauschales Berufen auf eine angebliche Unzumutbarkeit reicht nicht aus. Andernfalls würde der besondere Kündigungsschutz gegen eine Kündigung während der Ausbildung seine Wirkung nicht entfalten können.
Schlagwortartiges Vorbringen („Wegen einer Fülle von Gründen“) ist völlig unsubstanziiert. Eine Kündigung während der Ausbildung kann darauf nicht gestützt werden. Pauschale Begründungen einer Kündigung während der Ausbildung sind damit rechtlich unbeachtlich. Der Ausbildende muss genau, nachvollziehbar und klar angeben, warum welche Gründe für die Kündigung während der Ausbildung vorliegen. Er muss für eine wirksame Kündigung während der Ausbildung konkret darlegen, wann wer was wem gegenüber gesagt oder getan hat.
Der Ausbildende kann die Kündigung während der Ausbildung nur auf diejenigen Gründe stützen, die konkret und nachvollziehbar im Kündigungsschreiben selbst oder in einer Anlage zu diesem Kündigungsschreiben angegeben sind.
Ein Nachschieben von Gründen ist unzulässig. Daher ist ein Nachschieben von nicht aufgeführten Kündigungsgründen selbst dann ausgeschlossen, wenn nachgeschobene Kündigungsgründe bereits im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs vorhanden waren, dem Ausbildenden jedoch erst nachträglich bekannt geworden sind (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v 17. 1. 2008 – 10 Sa 845/06).
Auch hier zeigt sich die besondere Stellung des Auszubildenden. Der Gesetzgeber hat dem Auszubildenden einen besonderen Schutz vor Kündigung während der Ausbildung zugedacht. Dies soll nicht durch das Nachschieben von Gründen für eine Kündigung während der Ausbildung umgangen werden können.
6) Was ist ein wichtiger Grund für eine Kündigung während der Ausbildung?
Ein wichtiger Grund für die Kündigung während der Ausbildung liegt vor, wenn das konkrete Ausbildungsziel erheblich gefährdet ist.
Eine Kündigung während der Ausbildung aus wichtigem Grund kann insbesondere dann berechtigt sein, wenn der Auszubildende seine vertraglichen Hauptleistungspflichten und/oder vertragliche Nebenpflichten erheblich verletzt hat und die Fortsetzung der Ausbildung bis zu ihrem Ende dem Ausbildenden nicht zumutbar ist.
Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses bis zum Ablauf der Ausbildungszeit nicht zugemutet werden kann (BT-Drs. V/4260).
Der „wichtige Grund“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Das bedeutet, dass das Vorliegen eines wichtigen Grundes durch die Gerichte voll überprüfbar ist. Mithin besteht kein Beurteilungsspielraum für den Ausbildenden. Die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, erfolgt aufgrund einer objektiven Betrachtung. Der Grund für die Kündigung während der Ausbildung muss objektiv betrachtet so tiefgreifend sein, dass für den Ausbildenden die Fortsetzung schlechthin unzumutbar ist.
7) Maßstab für einen wichtigen Grund für die Kündigung während der Ausbildung?
Grundsätzlich kann man sich bei der Beantwortung der Frage, was ein wichtiger Grund für die Kündigung während der Ausbildung ist, an § 626 Absatz 1 BGB orientieren. Wie aber oben gezeigt, ist ein Ausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis.
a) Kündigungsgrund für Arbeitnehmer ist nicht zwingend Kündigungsgrund für Auszubildende
Das bedeutet, dass ein Grund, der eine Kündigung nach § 626 Absatz 1 BGB rechtfertigen würde, nicht zwingend auch bei einer Kündigung während der Ausbildung greift.
Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung während der Ausbildung sind insbesondere das Alter des Auszubildenden und der konkrete Ausbildungszweck der Ausbildung mit wertend einzubeziehen.
Merke: Die besondere Natur des Ausbildungsverhältnisses verbietet es, die für Arbeitsverhältnisse entwickelten Grundsätze über die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung ohne weiteres auf die außerordentliche Kündigung während der Ausbildung zu übertragen.
Nicht jeder Sachverhalt, der im Einzelfall zu einer gerechtfertigten fristlosen Kündigung eines Arbeitnehmers berechtigen würde, kann daher als wichtiger Grund zur Kündigung während der Ausbildung dienen. Denn die Nachteile, die einen fristlos gekündigten Auszubildenden treffen, wiegen oft unverhältnismäßig schwerer als diejenigen, die ein fristlos gekündigter Arbeitnehmer zu erwarten hat.
Die daraus folgenden strengeren Anforderungen sind deshalb gerechtfertigt, weil es sich bei Auszubildenden zumeist um ältere Jugendliche und Heranwachsende handelt, deren geistige, charakterliche und körperliche Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Der Auszubildende hat also salopp gesagt staatlich verordneten „Welpenschutz“ während der Ausbildung. Zudem würde die Bezeichnung des Kündigungsschutzes als „besonderer“ weitgehend leerlaufen, wenn man hier andere Maßstäbe anlegen würde.
b) Desto weiter vorangeschritten die Ausbildung, desto höher die Anforderungen
Die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses während der Ausbildung ist das mithin letzte Mittel der Wahl für den Ausbildenden. Desto weiter die Ausbildung vorangeschritten ist, desto höher sind die Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Desto näher das Ende der Ausbildung rückt, desto schwieriger ist eine Kündigung während der Ausbildung zu rechtfertigen. Der Kündigungsschutz für Auszubildende während der Ausbildung steigt mithin gleichsam progressiv mit zunehmender Ausbildungsdauer an.
So schreibt das Bundesarbeitsgericht zu diesem Punkt (BAG, Urteil vom 10.05.1973 – 2 AZR 328/72):
„An sich sollte man annehmen, daß dieser Begriff [(der wichtige Grund)] nicht anders als in § 626 Abs. 1 BGB zu verstehen sei. Der vorliegende Fall zeigt jedoch, daß die Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses zu andersgearteten Konkretisierungen dieses Begriffs führen können. […] Bei der Prüfung des wichtigen Grundes ist die Dauer der im Zeitpunkt der Kündigung zurückgelegten Ausbildungszeit im Verhältnis der Ausbildungszeit zu berücksichtigen. Je länger ein Ausbildungsverhältnis bereits besteht, je näher also die Abschlußprüfung ist, desto größere Anforderungen sind an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung zu stellen.“
Auf der anderen Seite kann sich ausnahmsweise aber auch der Maßstab für eine Kündigung während der Ausbildung verschärfen, gerade weil das Ausbildungsverhältnis bereits weit fortgeschritten ist. Dies kann der Fall sein bei berufsspezifischen Verfehlungen (beispielsweise Unterschlagung von Bargeld durch einen Auszubildenden in einer Bank bei fortgeschrittener Ausbildung). Denn von dem fortgeschrittenen Auszubildenden kann gleichzeitig auch ein Mehr an Verantwortungsbewusstsein erwartet werden als von einem Anfänger.
c) Ultima-ratio-Prinzip: Im Einzelfall sogar mehr als zwei Abmahnungen erforderlich
Im Einzelfall können sogar mehr als zwei Abmahnungen vor dem Ausspruch einer Kündigung während der Ausbildung erforderlich sein. Dies ist jeweils abhängig vom jeweiligen Gericht, welches über die Wirksamkeit der Kündigung zu befinden hat. So meinte beispielsweise das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem Einzelfall, dass 3 erfolglose Abmahnungen angezeigt waren. Dies auch gerade deshalb, weil sich der Auszubildende in diesem Fall zum Zeitpunkt der Kündigung nur noch 6 Monate vor dem geplanten Ausbildungsende befand.
„Die erkennende Kammer meint, daß der Beklagten statt der fristlosen Kündigung noch einmal das Mittel der Abmahnung zur Verfügung gestanden hätte. Auch insoweit ist sicherlich richtig, daß der Kläger angesichts zweier bereits erfolgter Abmahnungen ausreichend gewarnt war und bei weiteren Pflichtverletzungen in der Tat mit seiner Kündigung rechnen mußte. Auffällig ist aber, daß er nach der Abmahnung vom 01.08.1991 seinen Schulpflichten nachgekommen ist. Dann aber konnte die Beklagte jedenfalls nicht völlig ausschließen, daß eine weitere Abmahnung kurz vor Erreichen des Ausbildungszieles die gleichen Wirkungen erzielte und den Kläger zur Vernunft rief. Die gleichwohl ausgesprochene fristlose Kündigung entsprach damit letztlich nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit und dem ultima-ratio-Prinzip.“
Letztlich ist hier aber zu beachten, dass es sich dabei um Einzelfallentscheidungen handelt und pauschalisierte Aussagen nicht möglich sind.
Bevor man sich in dieser Richtung verzettelt, empfehlen wir die umfassende Prüfung der etwaig ausgesprochenen Abmahnungen durch einen spezialisierten Rechtsanwalt für Arbeitsrecht. Ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht kann einer Kündigung während der Ausbildung auch die Grundlage entziehen, indem er ausgesprochene Abmahnungen angreift. Erweist sich eine Abmahnung vor dem Ausspruch einer Kündigung während der Ausbildung als unrechtmäßig, fehlt es sodann in der Folge an der für die Kündigung während der Ausbildung grundsätzlich erforderlichen Abmahnung.
Unser Artikel zum Thema Abmahnungen finden Sie hier.
8) Fallgruppen wichtiger verhaltensbedingter Gründe für eine Kündigung während der Ausbildung
Im Fokus stehen im Folgenden die verhaltensbedingten Gründe für eine Kündigung während der Ausbildung. Zunächst lässt sich feststellen, dass die außerordentliche Kündigung während der Ausbildung wegen einer Pflichtverletzung regelmäßig eine (erfolglose) Abmahnung voraussetzt. Dies ergibt sich wie bereits oben aus dem Sinn und Zweck der Ausbildung und § 14 Absatz 1 Nr. 5 BBiG.
Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Auszubildenden, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Ausbildungsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann.
Dabei sollte im Hinterkopf behalten werden, dass die oben genannten Prinzipien jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, je nachdem wie weit fortgeschritten die Ausbildung ist.
a) häufiges Zuspätkommen, unentschuldigtes Fernbleiben von der Berufsschule oder im Betrieb,
Zuspätkommen ist ein typisches Phänomen bei vielen Auszubildenden. Vielen Auszubildenden fehlt das Bewusstsein, dass ein paar Minuten mehr oder weniger zu spät am Arbeitsplatz durchaus einen Unterschied machen können und störend für den Betriebsablauf sind. Alleine deshalb kann der Ausbildende aber nicht gleich eine Kündigung während der Ausbildung aus wichtigem Grund aus dem Hut zaubern. Hier ist grundsätzlich eine vorhergehende und fruchtlose Ermahnung sowie im Anschluss daran mindestens zwei einschlägige Abmahnungen(en) erforderlich. Einschlägig bedeutet, dass die Abmahnung wegen derselben Art des vertragswidrigen Verhaltens ausgesprochen wird.
So urteilt das Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 07. November 1978, Aktenzeichen 6 Sa 1096/78:
Die Kündigung ist gerechtfertigt, wenn sich der Auszubildende in knapp sieben Monaten zwölfmal verspätete und an drei Tagen ohne rechtzeitige Entschuldigung dem Berufsschulunterricht und der betrieblichen Ausbildung fernblieb, obwohl er deswegen wiederholt mündlich und schriftlich abgemahnt wurde.
Oft berufen sich Auszubildende auf Verspätungen im öffentlichen Personennahverkehr. Das hindert den Ausbildenden aber nicht, eine Abmahnung auszusprechen. Es gehört letztlich zur Pflicht des Auszubildenden etwaige Verspätungen miteinzuplanen, sodass er im Idealfall 15 Minuten vor Schichtbeginn am Ausbildungsplatz erscheint.
Das unentschuldigte Fernbleiben von der Berufsschule ist ebenfalls eine erhebliche Pflichtverletzung. Nach einer erfolglosen Abmahnung kann grundsätzlich eine Kündigung gerechtfertigt sein. Aber Vorsicht: Auch hier gilt, die Desto-Formel und das Ultima-ratio-Prinzip.
So urteilt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.04.1993:
„Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, daß der Kläger bei Ausspruch der Kündigung nur noch 6 Monate Ausbildungzeit zu absolvieren hatte, also kurz vor Abschluß seiner Ausbildung stand. Daß er unter diesen Umständen bei einer fristlosen Kündigung kaum mehr in der Lage gewesen wäre, ein anderes gleichwertiges Ausbildungsverhältnis einzugehen und ordnungsgemäß zu Ende zu führen, liegt auf der Hand. Hieraus aber würde folgen, daß dem Kläger für seine weitere berufliche Zukunft ein entscheidender Stein in den Weg gelegt worden wäre, der nur äußerst schwer wieder beseitigt werden könnte.“
b) Verspätetes Abliefern von Berichtsheften
Viele Auszubildende lassen die Führung der Ausbildungsberichte (Berichtsheft) während der Ausbildung nicht selten schleifen. Das Thema Berichtsheft während der Ausbildung ist in der anwaltlichen Praxis ein Dauerbrenner. Viel Irrtümer tragen zudem dazu bei, dass die Pflicht zur Führung des Berichtsheftes während der Ausbildung immer wieder Mittelpunkt von Streitigkeiten wird. So denken viele Auszubildende, man könne sie nicht zur Führung von Berichtsheften zwingen, die Unterschrift des Ausbilders sei nicht erforderlich etc. etc.
aa) Berichtsheft während der Ausbildung ist Pflicht!
Die Pflicht zur Führung der Ausbildungsberichte ergibt sich aus § 13 Nr. 7 BBiG.
Für die Führung des Berichtsheftes während der Ausbildung muss dem Auszubildenden aber auch Zeit in seiner Dienstzeit zur Verfügung gestellt werden. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum auf Seiten der Ausbildenden, dass der Auszubildende sein Berichtsheft in seiner Freizeit zu führen habe. In der Regel sollte man sein Berichtsheft daher in der Dienstzeit nach der Berufsschule führen oder sich dafür Zeit im Betrieb (beispielsweise die letzten beiden Stunden eines Tages) zur Verfügung stellen lassen.
Das Unterlassen der Führung von Berichtsheften während der Ausbildung kann ebenso wie die verspätete Ablieferung an den Ausbilder zur Durchsicht unter Umständen geeignet sein, die fristlose Kündigung während der Ausbildung nach (erfolgloser) Abmahnung zu rechtfertigen.
bb) Fehlende Unterschrift = Fehlender Bericht
Viele Auszubildende meinen zudem, dass die Unterschrift des Ausbilders nicht erforderlich sein. Das ist nicht richtig. Nicht unterschriebene Berichtshefte werden bei der Vorlage zur Anmeldung zur Abschlussprüfung als fehlend gewertet.
cc) Voraussetzung ist aber auch hier die Erteilung erfolgloser Abmahnung(en).
In einem Fall des Landesarbeitsgerichts Hessen legte der Auszubildende insgesamt 10 Wochen keine Ausbildungsberichte vor, obgleich er ständig dazu aufgefordert worden war (LAG Hessen, Urteil vom 03.11.1997 – 16 Sa 657).
Das Gericht stellte fest, dass es sich dabei im Grundsatz um eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung handelt. Es gab dem Auszubildenden aber letztlich Recht, weil der Arbeitgeber vor der Kündigung während der Ausbildung keine Abmahnung ausgesprochen hatte.
Mithin ist vor Ausspruch Kündigung während der Ausbildung eine Ermahnung und sodann eine oder mehrere (erfolglose) Abmahnung(en) erforderlich.
Die Verletzung der Pflicht, die Berichtshefte während der Ausbildung zu führen und dem Ausbilder zur Durchsicht vorzulegen, reicht nämlich an sich noch nicht aus.
Eine Abmahnung vor einer Kündigung während der Ausbildung ist in der Regel auch bei Nichtvorlage von Berichtsheften erforderlich. Gerade bei einem Ausbildungsverhältnis ist aufgrund seiner besonderen Natur nur in krassen Ausnahmefällen davon auszugehen, dass eine vorangegangene Abmahnung bei Störungen im verhaltens- und Leistungsbereich entbehrlich ist.
Nach § 14 Absatz 1 Nr. 5 BBiG gehört zur Aufgabe des Ausbilders auch die charakterliche Förderung. Dies schließt es aus, auf das Erfordernis einer Abmahnung zu verzichten.
c) Schlechte Leistungen sind grundsätzlich kein wichtiger Grund
Der Ausbilder kann eine Kündigung während der Ausbildung nicht mit der pauschalen Behauptung aussprechen, der Auszubildende werde wegen seiner schlechten Leistungen mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Abschlussprüfung versagen.
Auch mit schlechten Leistungen und schlechten Noten beispielsweise in der Zwischenprüfung kann der Auszubildende die Berufsausbildung fortsetzen.
Der Ausbilder kann das Ausbildungsverhältnis nicht mit der pauschalen Behauptung fristlos beenden, der Auszubildende werde wegen seiner schlechten Leistungen mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Abschlussprüfung versagen.
Aus § 21 Absatz 3 BBiG ergibt sich, dass das Berufsausbildungsverhältnis auf Verlangen des Auszubildenden bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr, verlängert, wenn er die Abschlussprüfung nicht besteht.
Daraus folgt, dass vorherige schlechte Leistungen als wichtiger Grund zur Kündigung während der Ausbildung nur dann in Frage kommen, wenn feststeht, dass auf Grund der aufgetretenen Ausbildungslücken das Bestehen der Abschlussprüfung völlig ausgeschlossen ist.
Da der Ausbildende insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist, muss er bereits im Kündigungsschreiben konkret und nachvollziehbar mitteilen, warum die schlechten Leistungen das Ausbildungsziel gefährden. Er muss darlegen, anhand welcher Tatsachen sich ergibt, dass das Bestehen der Abschlussprüfung vollkommen ausgeschlossen erscheint.
Auch Schlechtleistungen können aber ausnahmsweise eine Kündigung während der Ausbildung rechtfertigen. Dies aber erst dann, wenn der Auszubildende eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung missachtet. Daher ist der Ausbilder nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich verpflichtet, den Auszubildenden abzumahnen, bevor er ihn wegen Schlechtleistung kündigt
d) Grundsätzlich kein wichtiger Grund für Kündigung während der Ausbildung: Unaufmerksamkeit, Vergesslichkeit
Geringer ins Gewicht fallende Verfehlungen und Schwierigkeiten des Auszubildenden während der Ausbildung wie Unsauberkeit, Unaufmerksamkeit, Vergesslichkeit, schlechtes und störrisches Benehmen stellen grundsätzlich keinen wichtigen Grund zur Kündigung während der Ausbildung (Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 27.09.2005 – 2 Ca 2427/05). Wie oben dargelegt, ist man als Auszubildender in seiner körperlichen und geistigen Entwicklung in der Regel noch nicht voll entfaltet und genießt insoweit „Welpenschutz“.
d) Nichteinhalten der Zeitkontrolle, wiederholtes Erschleichen oder Übertreten des Urlaubs
Diese Pflichtverletzungen rechtfertigen grundsätzlich ebenfalls eine Kündigung während der Ausbildung nach vorangegangener Ermahnung und erfolgloser Abmahnung(en), wobei der Fortschritt der Ausbildung mit einzubeziehen ist.
e) Nachweisliche Begehung von Straftaten
Strafbare Handlungen des Auszubildenden sind nicht schlechthin kündigungsrelevant.
Sie müssen nicht nur einen Bezug zum Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis haben, sondern sind nur dann geeignet für einen wichtigen Grund zur Kündigung während der Ausbildung, wenn sich die Straftat auf das Ausbildungsverhältnis in der Weise auswirkt, dass das wechselseitige Vertrauensverhältnis durch die Straftat erschüttert ist.
Straftat und Ausbildung müssen in einem Zusammenhang stehen.
Straftat auf der einen Seite und Aufgabe des Ausbildungsbetriebes auf der anderen Seite stehen nicht zwingend in unlösbarem Widerspruch.
Der Kläger hat nicht als Auszubildender in einem Bankbetrieb eine andere Bank ausgeraubt, sondern an einem Straßenraub teilgenommen, den er – wenn auch nach Auffassung des Landgerichts in Strafsachen nicht strafbefreiend – abgebrochen hat. Seine Tat ist in der Öffentlichkeit nicht bekannt geworden, insbesondere ist kein Zusammenhang zwischen der Tat des Klägers und der Beklagten in der Öffentlichkeit hergestellt worden.
Beispiele für einen Zusammenhang wären: Eine wegen Ladendiebstahls verurteilte in Ausbildung zur Gerichtshelferin bei der Staatsanwaltschaft befindliche Auszubildende. Oder: Wegen Steuerhinterziehung verurteilter Auszubildender bei der Finanzverwaltung.
f) Verunglimpfung des Ausbildenden auf Facebook
Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Repräsentanten oder von Arbeitskollegen sind an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung während der Ausbildung zu rechtfertigen. Voraussetzung ist, dass sie nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten. Dabei schützt das Grundrecht der Meinungsfreiheit weder Formalbeleidigungen und bloße Schmähungen noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen.
i) Missachtung von Sicherheitsbestimmungen, Fahrlässige Beschädigung von Werkzeugen und Betriebseigentum
Nach § 13 Nr. 5 BBiG gehört es zu den Pflichten des Auszubildenden, Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln. Das ist freilich nicht der Fall, wenn Werkzeuge oder Betriebseigentum fahrlässig beschädigt wird.
Ohne erfolglose Abmahnung(en) wird der Ausbildende aber in der Regel nicht zu einer Kündigung während der Ausbildung berechtigt sein.
j) Missachtung von betrieblichen Verboten
Beispielsweise die exzessive private Internetnutzung am Ausbildungsplatz oder private Telefongespräche stellen grundsätzlich einen Verstoß gegen die betriebliche Ordnung dar. Auch sie sind aber ohne erfolglose Abmahnungen nicht so schwergreifend, dass sie ohne weiteres eine Kündigung während der Ausbildung rechtfertigen.
h) Verweigerung von Arbeitsanweisungen; eigenmächtiger Urlaubsantritt
Das gleiche gilt für die Verweigerung von Arbeitsanweisungen
i) eigenmächtiger Urlaubsantritt
Grundsätzlich ist bei einem normalen Arbeitnehmer eigenmächtig genommener Urlaub ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Grund.
Aber selbst bei normalen Arbeitnehmern rechtfertigt im Einzelfall eigenmächtiger Urlaub nicht gleich eine fristlose Kündigung.
Vielmehr kann bei langer Betriebszugehörigkeit, langem beanstandungslosen Verhalten sowie bei einer fehlenden Begründung der Nichtgenehmigung die Folge sein, dass eine fristlose Kündigung in eine Abmahnung umgewandelt wird.
Dies stellt jedoch eine einzelfallbezogene Ausnahme dar. Auf eine Umwandlung einer Kündigung in eine Abmahnung sollte nicht vertraut werden.
9) Wann ist eine Verdachtskündigung wegen Diebstahl/Unterschlagung zulässig?
Lange Zeit war in der Rechtsprechung umstritten, ob ein wichtiger Grund für eine Kündigung während der Ausbildung bei einem reinen Verdacht der Begehung einer Straftat bejaht werden kann. Das heißt, der Ausbilder hat keine Beweise für die Begehung der Tat. Die Begehung ist aber hinreichend wahrscheinlich.
Beispiel: Verdachtskündigung wegen des dringenden Verdachts des Diebstahls bzw. der Unterschlagung von 500,00 Euro beendet.
a) Verdachtskündigung während der Ausbildung ist möglich!
Vermehrt sind wir auf die Auffassung gestoßen, dass eine Verdachtskündigung während der Ausbildung nicht möglich sei. Das ist so nicht richtig.
2015 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Verdachtskündigung während der Ausbildung keineswegs per se ausgeschlossen ist. Jedoch verschärfen sich die Anforderungen an eine sonst auch nur ausnahmsweise zulässige Verdachtskündigung bei Ausbildungsverhältnissen noch weiter. So muss dem besonderen Charakter des Ausbildungsverhältnisses gesondert Rechnung getragen werden.
Ein Tatverdacht kann nur dann einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen, wenn der Verdacht die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht. Dies bedarf einer Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls. Dabei muss auch eine Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses erfolgen.
Begeht der Auszubildende eine rechtswidrige und vorsätzliche – ggf. strafbare – Handlung unmittelbar gegen das Vermögen seines Ausbildenden, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen.
Dies gilt auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Gegenstände von geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat. Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.
b) Möglichkeit zur Stellungnahme erforderlich
Da bei einer Verdachtskündigung die Tat nicht bewiesen ist, muss der Ausbildende weitere Anforderungen erfüllen. Voraussetzung für eine Verdachtskündigung ist zusätzlich, dass der Ausbildende dem Auszubildenden vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
Der Ausbildende muss alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts machen. Dies ist erst dann der Fall, wenn er dem Auszubildenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
Die Notwendigkeit der Anhörung vor Erklärung einer Verdachtskündigung während der Ausbildung ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die Anhörung soll den Ausbildenden vor voreiligen Entscheidungen bewahren und der Gefahr begegnen, dass ein Unschuldiger von der Kündigung betroffen wird.
Der Auszubildende muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen zu bestreiten. Ihm muss Gelegenheit gegeben werden, den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen.
c) Muss der Ausbilder vor der Anhörung das Thema bekanntgeben?
Ob vor einer Anhörung des Auszubildenden vorher über das Thema des Gesprächs informiert werden soll, ist umstritten.
Es gibt Landesarbeitsgerichte, die die Ansicht vertreten, dass eine vorherige Information über das Anhörungsthema erforderlich ist.
Dem folgt das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht. So bestünde bei einer vorherigen Information die Gefahr der Verdunkelung. So hat der Arbeitgeber auch ein berechtigtes Interesse, dass sich der verdächtige Auszubildende möglichst unbefangen äußert.
d) Kann ich eine Unterbrechung der Anhörung verlangen?
Eine Anhörungs-Gesprächssituation kann den Auszubildenden erkennbar überfordern.
Dies kann verschiedene Gründe haben. Zum Beispiel in psychischer Hinsicht oder wegen der Komplexität des Sachverhalts.
Viele Auszubildende begehen an dieser Stelle den Fehler, die Tat einzuräumen, weil sie mit der Situation schlichtweg überfordert sind.
Hier gilt es Ruhe zu bewahren. Wenn Sie das Gefühl haben, es werde eine „Hexenjagd“ veranstaltet, fordern Sie den Ausbildenden einfach zur Unterbrechung der Anhörung auf.
Der Auszubildende kann eine Unterbrechung einfordern. Er kann auch die Beratung mit einer Vertrauensperson verlangen. Auch die Rücksprache mit einem Rechtsanwalt ist möglich. Jedoch ist der Ausbildende nicht dazu verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass man auch Rücksprache mit einem Rechtsanwalt halten kann!
Es entspricht der Rücksichtnahmepflicht des Ausbildenden, das Gespräch von sich aus oder auf Wunsch des Auszubildenden abzubrechen und eine erneute Anhörung anzuberaumen, wenn der Auszubildende grundsätzlich zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Verdachtsmomenten bereit ist.
10) Personen- und betriebsbedingte Gründe
Eine Kündigung während der Ausbildung ist personenbedingt zum einen möglich wegen Krankheit des Auszubildenden. Zum Bereich Krankheit gehören auch Drogensucht und Alkoholsucht. Voraussetzung ist entweder, dass mit einer Gesundung innerhalb der Ausbildungszeit nicht zu rechnen ist oder die Eignung für den Ausbildungsberuf infolge der Krankheit (zum Beispiel Allergien) dauerhaft entfallen ist.
Befindet sich der Auszubildende in Haft, kann eine personenbedingte Kündigung zudem erfolgen, wenn mit einer Haftentlassung vor dem Ausbildungsende nicht gerechnet werden kann.
Eine betriebsbedingte Kündigung ist ferner möglich, wenn der Ausbildungsbetrieb stillgelegt wird.
11) Wie gehe ich gegen eine Kündigung während der Ausbildung vor?
Die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist eine Prozessvoraussetzung für eine Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung während der Ausbildung. Andernfalls ist eine Kündigungsschutzklage unzulässig. Dies ergibt sich aus § 111 Absatz 2 ArbGG. Voraussetzung ist aber auch, dass es einen solchen Ausschuss für Schlichtungsverfahren überhaupt gibt.
a) Wozu dient das Schlichtungsverfahren?
Der Ausschuss ist aufgrund seiner größeren Sachnähe und Sachkunde eher in der Lage, einen Rechtsstreit oder zumindest seine Durchführung zu verhindern. Ziel der Regelung ist es, nach Möglichkeit zu vermeiden, dass sich die Parteien streitend vor Gericht gegenüberstehen, solange Ungewissheit über die rechtswirksame Beendigung besteht
b) Was mache ich, wenn ich nicht weiß, ob es einen Ausschuss für ein Schlichtungsverfahren gibt?
Wenn Sie sich unsicher sind, ob das Schlichtungsverfahren überhaupt statthaft ist, besteht die Gefahr, dass die normale Klagefrist für die Kündigungsschutzklage läuft. In diesem Falle empfehlen wir, direkt Kündigungsschutzklage zu erheben.
c) Gilt die 3-wöchige Klagefrist des § 4 KSchG auch für das Schlichtungsverfahren?
Die Frist für die Kündigungsschutzklage findet für die Einleitung des Schlichtungsverfahrens keine Anwendung. Der bei etwaig gebildete Güteausschuss kann grundsätzlich fristungebunden angerufen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber das Ausbildungsverhältnis fristlos gekündigt hat.
Hier können jedoch landesspezifische Besonderheiten greifen!
Da keine starre Frist für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens gilt, finden aber die Grundsätze der Verwirkung Anwendung.
Für die Frage, wann Verwirkung anzunehmen ist, wenn ein Ausschuss gebildet ist, gelten keine starren Fristen.
Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass regelmäßig Verwirkung eingetreten ist, wenn der Ausschuss nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung angerufen worden ist. Abzustellen ist vielmehr auf sämtliche Umstände des Einzelfalls.
Wir empfehlen auf jeden Fall, den Ausschuss für das Schlichtungsverfahren möglichst zeitnah anzurufen.
d) Was ist, wenn die Schlichtungsstelle die Durchführung des Verfahrens ablehnt?
Die Ablehnung des Ausschusses, das Verfahren durchzuführen, ist ebenso zu behandeln wie das Fehlen eines entsprechenden Ausschusses. In beiden Fällen kann der Auszubildende Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen erheben. Dies gilt unabhängig davon, ob die vom Ausschuss vertretene Rechtsauffassung zutreffend ist.